Systemrelevant & Ungeduldig – dezentrale bundesweite Aktionen – auch in Dachau

Über 30 Menschen nahmen am 19.6.2020 an der ersten Aktion des neuen Bündnisses Systemrelevant & Ungeduldig in der Dachauer Altstadt teil. Gegen Privatisierung und für mehr Krankenhauspersonal war die Kundgebung Teil bundesweiter dezentraler Aktionen zur abgesagten Gesundheitsminister*innenkonferenz. Was Privatisierung bedeutet kann man am lokalen Beispiel deutlich sehen.

Wir Beschäftigte der Helios Amper Klinken kämpfen seit Jahren gegen Personalmangel und dadurch bedingte hohe Arbeitsverdichtung. Die Corona Pandemie brachte das Fass zum überlaufen. Mangelnde Schutzausrüstung und zu spät abgesagte Operationen wurden bereits im März und April in Statements kritisiert. Wir wollten kein Kanonenfutter sein! Anfang April wurde das Klinikum Dachau unter Quarantäne gestellt, es stellte sich heraus, dass sich etliche Kolleg*innen infiziert hatten.

In einem am Vortag veröffentlichten Zeitungsartikel ließ Helios verlauten, man habe ausreichend Schutzmaterial geboten, Bonuszahlungen seien nicht geplant und überhaupt sehe man keinerlei Handlungsbedarf, denn jetzt nach der Hochphase der Pandemie seien die Arbeitsbedingungen „genauso gut“, „wie sie vorher gewesen sind.“ Das kann man wohl sagen. Im Redebeitrag der Unabhängigen Betriebsgruppe wurde bestätigt, dass diese wirklich wie zuvor sind – man versucht jetzt möglichst viele Patient*innen durch zu schleusen, was zum einen zu enormer, aber altbekannter Arbeitsbelastung führt, zum anderen hatten wir keinerlei Verschnaufpause, nachdem im März und April trotz mentalen Drucks alle solidarisch die Klinik am Laufen hielten, indem sie sich gegenseitig unterstützten.

Arbeiten in Krankenhäusern war bundesweit schon vor der Pandemie eine Krise. Damit das nicht so bleibt, wurden konkrete Forderungen aufgestellt. Unmittelbar braucht es einen verbindlichen Personalschlüssel bemessen am tatsächlichen Bedarf, ausreichend Schutzausrüstung und regelmäßige Tests für alle, sowie als ersten Schritt 500 Euro mehr Lohn monatlich. Davon würden v.a. unsere prekär beschäftigten Kolleg*innen in Reinigung, Bettenaufbereitung und Service profitieren, die von ihrem Lohn so fast nicht über die Runden kommen.

Die Pandemie hat die existenziellen Mängel des Gesundheitssystems offengelegt. Denn ein Gesundheitssystem, das auf Profit und Wettbewerb ausgerichtet ist, hat nicht das erste Ziel Gesundheit für alle zu gewährleisten – es muss sich rentieren. Insbesondere die großen Klinikkonzerne sind die Nutznießer. Einsparungen, Outsourcings, Lohndumping machen die Konzerne reich und uns Beschäftigte krank. Daher muss langfristig eine flächendeckende Entprivatisierung der Krankenhäuser stattfinden, die Fallpauschalen müssen umgehend abgeschafft werden. Das schafft man nicht mit Appellen an die Politik, sondern dadurch, dass alle systemrelevant Beschäftigten ihre Geduld verlieren, für ihre Belange selbst eintreten und Veränderung durchsetzen. Der Weg ist lang, aber wir haben uns in Bewegung gesetzt.


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